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Das karelische Gebiet hinter der Ostgrenze Finnlands, das von alters her von den Kareliern bewohnt wurde, das Karelien Russlands, Weissmeerkarelien und Olonetz, wurden in Finnland einfach Ostkarelien genannt.

 

Der Hauptteil der Kalevala-Dichtung des finnischen Nationalepos wurde auf diesem Gebiet gesammelt, und als das finnisch-nationale Denken sich am Ende des 19. Jahrhunderts verstärkte, wurde im grossfinnischen Ideengut die Einverleibung des Gebietes bestrebt. Die mit den Finnen stammverwandte Bevölkerung des Gebietes eignete diese Denkweise an, aber die traditionelle Ordnung blieb vorherrschend.

Am Anfang des Jahres 1918 begannen die Anhänger der Stammverwandtschaftsidee Expeditionen zu organisieren, um die Bevölkerung Ostkareliens über den Anschluss an Finnland zu überzeugen.

Der Senat und der Oberbefehlshaber unterstützten das Vorhaben - und Mannerheim versprach sogar im Februar, dass er seinen Degen nicht einstecken wird (Degenscheide-Tagesbefehl), bevor Weissmeerkarelien und Olonetz von den Soldaten Lenins befreit sind. Als Deutschland und Russland am 3.3.1918 den Brester Frieden schlossen, veränderte sich die Politik der finnischen Regierung. Sie wurde in dieser Angelegenheit vorsichtig.

Im April und Mai 1918 wurde im Mannerheims Hauptquartier die Operation nach Olonetz vorbereitet, sowohl für die Unterstützung des Stammverwandtschaftsgedankens als auch, um die Weissen Russlands bei der Eroberung von St. Petersburg zu helfen. Der Senat verhinderte jedoch die Realisierung dieses Vorhabens. Mannerheim glaubte, dass die weissen Russen zum Dank Finnland Ostkarelien geben würden (St. Peterburgs Frage).

Der Einverleibungsgedanke des Ostkarelien verstärkte sich in Finnland während der sogenannten Stammfeldzüge in den Jahren 1918-1922 und später in der Zeit der von den Studenten gegründeten Akateeminen Karjala-Seura [Akademischen Karelischen Gesellschaft ] (AKS) und anderer Organisationen, die von der Idee der Stammverwandtschaft beseelt waren. Mannerheim unterstütze nicht mehr offiziell diese Vorhaben, und in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts blieben sie im Schatten anderer Unternehmen.

Erst als Deutschland im Frühsommer 1941 die Zerstörung der Sowjetunion plante, wurde den Vertretern der finnischen Stammesorganisationen die Aufgabe gegeben, Stammesbataillone zu bilden und die Verwaltung Ostkareliens für die Zeit nach der Eroberung zu planen. Sowohl die Staatsleitung als auch die Militärführung waren der Ansicht, dass Finnland beim Zusammenbruch der Sowjetunion die Verantwortung für Ostkarelien zu tragen hatte. Im Rahmen einer Friedenskonferenz konnte das Wohngebiet der stammverwandten Bevölkerung an Finnland angeschlossen werden, was ganz neue ökonomische Möglichkeiten eröffnen würde.

In der Anfangsphase des Krieges zwischen Finnland und der Sowjetunion wurde ziemlich offen über den Anschluss Ostkareliens an Finnland gesprochen, und Mannerheim gab den Truppen am 10.7.1941 den Angriffstagesbefehl, in dem Weissmeerkarelien und Olonetz wieder ausdrücklich hervorgehoben wurden. Im Herbst 1941 besetzten die finnischen Truppen einen grossen Teil Ostkareliens, und dort wurde auf Befehl des Oberbefehlhabers die Militärregierung Ostkareliens gegründet.

Die Sowjetregierung hatte den grössten Teil der Bevölkerung von dem Gebiet evakuiert, und nur die Hälfte der Gebliebenen war einigermassen stammverwandte. Die in der Nähe der Frontlinie wohnende, im allgemeinen russischsprachige Bevölkerung wurde in grossen Lagern gesammelt und isoliert. Finnland hatte von der Besatzung keinen ökonomischen Vorteil, weil die Bevölkerung zum Teil von Finnland aus besorgt werden musste.

Die Vertreter der Militärregierung bereiteten die Fennisierung des Gebiets vor. U.a. Petrozowodsk wurde der Namen Äänislinna gegeben. Es wurden finnischsprachige Schulen und Lehrerausbildungsanstalte eröffnet. Die lutherische Kirche versuchte die Bevölkerung zur lutherischen Konfession zu bekehren, weil das Gebiet als atheistisch angesehen wurde. Ziemlich grosser Teil der Bevölkerung war jedoch im Grunde orthodox, und Mannerheim setzte dem Bekehrungseifer der lutherischen Pfarrer genaue Grenzen.

Als die finnische Besetzung im Juni 1944 endete, folgten nur einige Tausende Ostkarelier den Finnen nach Finnland. Andere blieben an ihrem Wohnort. Die stammverwandte Bevölkerung geriet in eine schwierige Lage, weil die Sowjetunion sie misstraute. Im Gebiet wurden energisch Zeugenaussagen gegen die finnische Besatzungsmacht gesammelt, aber nur in seltenen Fällen wurden Klagen wegen Kriegsverbrechen erhoben. Die Besatzungsmacht hatte besseren Ruf, als es auf den meisten europäischen und asiatischen Gebieten der Fall war.

 

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