C.G.E. Mannerheim in der Geschichte Finnlands Die Webb-Seiten von Helsingin Suomalainen Klubi [dem Finnischen Klub von Helsinki] bestreben sowohl über den Text als auch audiovisuell ein vielseitiges und lebendiges Bild über den Mann zu vermitteln, der vielleicht mehr als keine andere einzelne Person die Geschichte des selbständigen Finnland beeinflusst hat, deren Wurzeln sich tief ins Mittelalter erstrecken und deren Flügel in das integrierte Europa und in die globalisierte Welt von heute tragen. In der Person des Marschalls von Finnland Carl Custaf Emil Mannerheim kreuzen sich drei grosse Epochen der finnischen Geschichte: 1) Die Zeit der Autonomie Finnlands (1809-1917), wo die politische, wirtschaftliche und kulturelle Grundlage der nationalen Selbständigkeit gelegt wurde, durch die Anpassung der bunten, reichen und oft sehr dramatischen Erben der schwedischen und russichen Macht. 2) Die Zeit des Selbständigkeitskampfes von Finnland (von dem Befreiungskrieg im Jahr 1918 an) und 3) die Zeit, als Finnland eine internationale Stellung gewann (von der Ende des Krieges zwischen Finnland und der Sowjetunion an). In allen diesen Phasen standen Finnland und die Finnen Mannerheims Herzen am nächsten. Als ein Kosmopolit hatte er die aussergewöhnliche Fähigkeit, die nationalen Interessen des kleinen nordischen Landes mit den Interessen und Bestrebungen der Grossmächte in Übereinstimmung zu bringen. Von seiner Herkunft war er ein schwedischsprachiger Adelsmann. Seine Militärausbildung zum Offizier erwarb er in der kaiserlichen russischen Armee, wo er auch seine ersten Kriegserfahrungen machte. Dieser Hintergrund wiederspiegelte sich in seiner Rolle als ein militärischer und politischer Führer des selbständigen Finnland, und dieser Hintergrund hat vermutlich auch die Gegenwart und Zukunft Finnlands beeinflusst. Mannerheim wiedersetzte sich die bolschewistische Revolution in Russland, aber er kannte die russische Mentalität und verstand Russland als eine Grossmacht zu schätzen. Während des Befreiungskrieges stand er der Unterstützung Deutschlands ungern gegenüber, weil er den eigenen Einsatz der Finnen in der entscheidenden Phase des Kampfes für die Selbständigkeit hervorheben wollte. Die extreme Tragik des Bürgerkrieges, die Einteilung in "Weisse" und "Rote" äusserte sich in den auf Mannerheim gerichteten stark entgegengesetzten Gefühlen. Vor der äusseren Gefahr, als die Sowjetunion Finnland am späten Herbst 1939 angriff und während des dabei angefangenen Winterkrieges, gelang es Mannerheim das finnische Volk zu einem heroischen Kampf gegen den überlegenen Feind zu vereinigen. Als Ziel des Fortsetzungkrieges zwischen Finnland und Sowjetunion setzte er die Wiedergewinnung von den Russland abgetretenen Gebiete und die Befestigung der Sicherheit Finnlands in der Zukunft. Seine Weitsichtigkeit in der Grossmachtpolitik äusserte sich in der Verweigerung aktiv an der Belagerung Leningrads und an dem Abbruch der Verbindungen nach Murmansk teilzunehmen, aber auch in der Gewährung der militärichen Unterstützung von Deutschland. Als der Grossangriff der Sowjetunion gegen Finnland im Sommer 1944 begonnen hatte, waren Mannerheims staatsmännische Fähigkeiten als Oberbefehlshaber der Armee und als frisch gewählter Staatspräsident erforderlich, damit Finnland sich verteidigen und später vom Krieg trennen konnte. Das Abkommen über den Waffenstillstand im September des Jahres 1944 sowie die Vertreibung der deutschen Truppen vom finnischen Territorium war für den 77-jährigen Marschall von Finnland geistig und physisch äusserst anstrengende Aufgabe. Mannerheims Stellung als nationaler Führer, der von den parteipolitischen Wiedersprüchen unabhängig war, und seine internationale Anerkennung als Oberbefehlshaber der Kriegsoperationen äusserten sich darin, dass er in dem durch den Druck der Sowjetunion entstandenen sog. Kriegsschuldigenprozess nicht vor Gericht gestellt wurde, sondern er konnte durch die Berufung auf gesundheitliche Gründe und hohes Alter die Aufgaben des Staatspräsidenten im Jahr 1946 verlassen. Bei der Einschätzung des Lebenswerkes von Mannerheim aus der heutigen internationalen politischen Situation treten drei wichtige Gesichtspunkte hervor. Zum ersten beeinflusste er entscheidend die Verteidigung der Selbständigkeit Finnlands gegen den aggressiven Angriff, der sich auf dem als geheim gehaltenen Abkommen von Stalin und Hitler über die Aufteilung der Interessensphären gründete, und er legte damit den Grund für die Souverenität Finnlands, auf dem die künftigen internationalen Beziehungen aufgebaut werden konnten. Zum zweiten schätzte er schon früh die Entwicklung der Beziehungen zwischen Finnland und der Sowjetunion realistisch ein. Zum dritten die seiner Gedankenwelt immanente Philosophie der Freiheit und sein kultureller Hintergrund bewiesen sich letztendlich lebensfähiger als die totalitäre Gesellschaftsordnung, die von dem in Russland entstandenen Sowjetkommunismus vertreten wurde. |
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