In
Finnland, sowie in anderen Ländern, wurden nach dem Krieg im Jahr 1946 sowohl einige
eigentliche Kriegsverbrecher verurteilt, also Personen, die das internationale Recht
verletzt hatten, als auch ein Präsident und einige Politiker als Verantwortliche für den
Ausbruch und für die Fortsetzung des Krieges, als sogenannte Kriegsschuldige. |
Schon vor dem Krieg war
Mannerheim auf der Feuerlinie der Sowjetpropaganda gewesen und während des Krieges war er
der Spucknapf des Gegeners, zusammen mit dem Präsidenten des Landes Risto Ryti und mit
dem starken Führer der Sozialdemokraten Väinö Tanner. Es wurde von der
Ryti-Tanner-Mannerheim-Clique und von den manner-tannerheimischen Kriegshetzern
gesprochen. Bei der Beendigung des Krieges zwischen Finnland und der Sowjetunion hatten
die Finnen Anlass anzunehmen, dass die Vertreter der Sowjetunion die Entlassung
Mannerheims und seine Verurteilung wegen Kriegsverbrechen fordern würden.
Nach dem Krieg gab es in Finnland solche Leute, die entweder bei der Suche nach den
Schuldigen oder bei der Bahnung des Weges für den sozialistischen Staat oder beim Streben
nach der Gunst der Sowjetunion das Anklagen Mannerheims forderten. Solche Leute gab es
sowohl unter den Kommunisten als auch unter den Regierungspolitikern der "neuen"
Nachkriegsrichtung. Mannerheim gelangte nicht auf die Anklagebank der Kriegsschluldigen
oder Kriegsverbrecher. Über diesen Tatbestand wurde viel spekuliert und die Frage
gestellt, ob Stalin besondere Symphatien Finnland, der finnische Armee oder sogar dem
zaristischen General Mannerheim gegenüber hatte.
Der Kanzleichef des Aussenministeriums von Schweden Erik Boheman war für die Verbindung
mit dem Botschafter der Sowjetunion Madame Kollantay verantwortlich. Um die Jahreswende
1943/1944 "informierte" der Botschafter, dass die Sowjetunion auf die
Kontaktnahme Finnlands für den Friedensschluss wartete. Beim Beginn der Kontaktnahme im
November 1943 äusserte Madame Kollantay, dass die Sowjetführung begriffen hatte, dass
man zur keinen stabilen Lösung mit Finnland käme, wenn Marschall Mannerheim nicht
dahinter stünde. Die finnische Armee könnte jedenfalls zum Teil den Kampf fortsetzen,
und das Territorium konnte militärisch nicht stabilisiert werden.
Während dieses Friedenskontaktes begann man in der Welt immer mehr über die
Verurteilung der Kriegsverbrecher zu sprechen. Boheman brachte Kollantay seine Sorge zum
Ausdruck, dass die Sowjetunion in bezug auf Mannerheim Forderungen stellen würde. Der
Botschafter setzte sich mit Stalin in Verbindung und teilte vier bis fünf Tage später
mit, dass sie feierlich Boheman versichern kann, dass "keine von ihm genannte
Forderung niemals und nimmer vorgebracht würde". Der Vorsitzende der
Kontrollkomission der Alliierten Andrej Zhdanov überflügelte im Jahr 1945 konsequent
alle Vorschläge, in denen man Mannerheim in die Enge zu treiben versuchte.
Im Sommer des Jahres 1945 beschloss Finnlands Parlament, dass die Kriegsführer angeklagt
werden. Es wurde ein neues Gesetz erlassen, das abweichend von den finnischen
Rechtsauffassungen nachhinein politische Entscheidungen kriminalisierte. Als die
Untersuchungskomission der Kriegsschuldigen im Herbst 1945 arbeitete, wurde Mannerheim
eine Menge Fragen über die Leitung der Aussenpolitik während des Krieges gestellt. Er
antwortete, unterstützt durch den Generalen Heinrichs, auf die Fragen, in einigen Fällen
anders - u.a. auf die Frage, die das mit den Deutschen im Jahr 1940 geschlossene
Durchgangsabkommen betraf -, als die politische Leitung des Landes. Er folgte mit
Aufmerksamkeit das Gerichtsverfahren und den Druck, den die finnischen Kommunisten und die
Vertreter der Sowjetunion ausübten. Aus Forderung der Vertreter der Sowjetunion wurde im
Prozess der Winterkrieg gar nicht behandelt, den die Sowjetunion angefangen hatte, und die
vom Gericht schon gefallene Urteile wurden noch erhöht. Erst als die aus dem Prozess
entstandene Krise vorbei war, hielt Mannerheim es für angebracht, aufgrund seiner
Krankheit um Erlaubnis zu bitten, aus der Präsidentenschaft auszutreten.
|